Night Verses – Lift Your Existence

| 5. August 2013 | 0 Comments

Night Verses

Experimenteller Post-Hardcore mit progressiver Alternative Rock-Schlagseite: So in etwa kann man den Stil des backfrischen US-Quartetts Night Verses beschreiben. Die Jungs rund um ex-The Sleeping-Frontmann Douglas Robinson und Wunderschlagzeuger Aric Improta konnten schon letztes Jahr mit ihrer EP „Out Of The Sky“, welche für Lau zum Download angeboten wurde, erste Lorbeeren einheimsen. Genau ein Jahr später haben die vier Amis mit „Lift Your Existence“ ihr erstes Langeisen am Start. Und mein lieber Scholli, die Platte kann sich wirklich hören lassen.

Sage und schreibe 15 brandneue Songs haben die Jungs auf ihr Debütwerk geknallt, ohne auch nur eine Nummer der EP für das Album zu recyceln. Nicht selten kommt es vor, dass bei einer solchen Menge an Songs sich auch die einen oder anderen Rohrkrepierer eingeschlichen haben oder mindestens ein Viertel des Materials als Intro, Outro oder diverse Interludes dient. Nicht so bei Night Verses. Hier wird von der ersten bis zu letzten Sekunde mit Herz und Seele gerockt. Gerade mal zwei Nummern befinden sich dabei unter der Vier-Minuten-Grenze.

Schon beim Opener „Introducing: The Rot Under The Sun“ wird beeindruckend demonstriert, was die Jungs auf dem Kasten haben. Bassist Reilly Herrera groovt geschmeidig wie Sau. Die Gitarren-Harmonien von Nick DePirro gehen sofort unter die Haut, während Improta seine Felle auf virtuoseste Weise bearbeitet. Robinsons hingebungsvolle Gesangsdarbietung ist, wie schon zu den besten The Sleeping-Zeiten, über jeden Zweifel erhaben. „Rage“ macht seinem Namen alle Ehre und ist ein echter Wutbrocken, dessen Refrain sich sofort in Hirnwindungen frisst. Improtas Drumming zwingt den Hörer einmal mehr seine Kinnlade vom Boden zu lösen. Ultraschnelle Gitarrenläufe, wie sie z.B. auf „Time Erases Time (Strung Out)“ zu finden sind, und der Hang mit elektronischen Sounds zu experimentieren, erinnern stellenweise an die Australier von Dead Letter Circus. Experimentell wird es auch bei „Celestial Fires“, welches mit ruhigen Xylophon-Passagen einen stimmigen Gegenpol zum explodierenden Refrain bietet. Auf dem unbarmherzigen „Antidepressants“ zeigen sich die Jungs wieder von der ruppigen Seite, bevor man gegen Ende mit stimmigen Solo und atmosphärischem Outro ins bedrückende „Parasomnia“ übergeht.

Die Jungs beweisen immer wieder ihr Fingerspitzengefühl für Gänsehaut-Melodien ohne jedoch die Instrumentalpassagen zu ausladend zu gestalten. Auch in der zweiten Hälfte gibt es genug Kraftfutter für die Ohren. „Whatever Makes You Hate Me“ entpuppt sich als eines der intensivsten Hörerlebnisse der Platte. Unglaublich, was hier in weniger als fünf Minuten alles passiert. Der frische, orientalische Touch von „Cathexis“ oder „Altimeter“ unterstreicht die Vielseitigkeit der Amis. In „Elucidation“ entlockt Saitenhexer DePirro seiner Gitarre-Töne, welche kaum hypnotisierender sein könnten. Und natürlich ist eine Prog-Scheiblette nur dann waschecht, wenn sich auch ein überlanger Knaller darauf befindet. Den gibt es mit dem gut zehnminütigen Schlussepos „Phoenix: I. Rising II. Falling“.

Night Verses präsentieren mit „Lift Your Existence“ ein wahres „All You Can Eat“-Buffet an atmosphärischer Dichte und musikalischer Intensität, wie man es von einstigen Szene-Lieblingen wie Hopesfall oder Thursday serviert bekommen hat. Qualitativ hochwertig, aber nicht immer leicht verdaulich. Somit tut man gut daran, dieses Haubenmenü in der Halbzeit mal sacken zu lassen, um jeden der 15 Leckerbissen seine volle Aufmerksamkeit schenken zu können. Dann steht einem einzigartigen Genusserlebnis nichts im Wege. Mahlzeit!

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 02.08.2013
Erhältlich über: Southworld / Plastic Head (Soulfood Music)

Website: www.nightverses.com
Facebook: www.facebook.com/NightVerses

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Category: Magazin, Reviews

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