Mastodon – Crack The Skye
Mastodon haben es endgültig geschafft. Nach zwei fantastischen Relapse-Alben sind sie auf ihrem Major-Debüt „Blood Mountain“ in etwas melodischere, dennoch nicht minder verklausulierte Gefilde vorgedrungen. Ergebnis war unter anderem eine Grammy-Nominierung. Die schwere Kopfverletzung von Gitarrist Brent Hinds hat die Zukunft der vier Monolithen-Kaiser aus Atlanta allerdings lange in Frage gestellt. Unter diesem Eindruck ist „Crack The Skye“ wesentlich melodischer und rockiger ausgefallen, präsentiert sich aber gleichzeitig als bislang rundeste Bandplatte.
Besonders beeindruckend ist, wie schnell die Stimmung auf „Crack The Skye“ umschlagen kann. Bestens Beispiel ist der Opener „Oblivion“. Beinahe im Zeitlupentempo bauen die Amerikaner ein monumentales Intro auf. Kaum hat dieses seinen Höhepunkt erreicht, folgt der obligatorische Bruch in Richtung Strophe. Sabbath-Vocals und vertrackte Erzählweise münden in einen höchst eingängigen Refrain mit dezenten Stoner-Anleihen. Schnell wird dieses Strophe-Refrain-Schema wiederholt. Nach dreieinhalb Minuten dann die große Überraschung – ein ausgedehnter Soloteil mit Prog- und Psychedelic-Anleihen. 70s Rock rund um Yes und King Crimson ist ein integrer Bestandteil dieses Albums und taucht immer wieder auf.
Doch der Reihe nach. Die Single (!) „Divinations“ springt binnen kürzester Zeit von einem gespenstischen Banjo-Intro zu einer fies geknurrten Strophe und einem himmlischen Prog-Refrain. „Quintessence“ reitet eines der massivsten und eingängigsten Riffs dieses Albums, lässt sich aber gleichzeitig zu elektronischen Prog-Anleihen Marke Muse hinreißen, während Mastodon über die spirituelle Welt, über Befreiung, Aszendenz und Visionen sinniert.
Zweifelsohne ist das vierteilige „The Czar“ Herzstück der Platte. Hier taucht auch Rasputin auf, der im Vorfeld als großes, zentrales Thema dieses Albums angekündigt wurde. Was in den nächsten elf Minuten passiert, spottet jeder Beschreibung. Prog in Reinkultur, vertrackt bis beinahe balladesk, dazu wieder eines dieser monströsen Riffs; im interstellar angelegten „Ghost Of Karelia“ – Gruß aus der Sektenwelt der Khlysty – geschickt weitergeführt.
Langsam aber sicher geht es dem Ende zu. Der Titeltrack „Crack The Skye“ greift ein musikalisches Thema aus „Oblivion“ auf, wechselt binnen kürzester Zeit zwischen wütenden Doublebass-Orgien – Ausnahmeschlagzeuger Brann Dailor gebührt einmal mehr ein großes Lob – zu Rush-Gehversuchen. Der 13minütige Rausschmeißer „The Last Baron“ schließlich fasst das komplette Album noch einmal mehr oder minder kompakt zusammen. Hier macht jede einzelne Sekunde Sinn, hier wird geschickt der Spagat der Mastodon’schen Anfänge zur Prog-Moderne geschlagen bis hin zum lang gezogenen und doch viel zu plötzlichen Fade.
Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner ausladenden Arrangements, komplizierten Gedankensprüngen und einer generellen neuen Liebe zu Harmonie und Eintracht ist „Crack The Skye“, ja beinahe perfekt. Als Gesamtkunstwerk funktionieren die sieben Songs unwahrscheinlich gut, sind optimal aufeinander abgestimmt. Das Artwork ist vom Feinsten und gibt den Texten eine zusätzliche, faszinierende Dimension. Dazu gibt es bei der Limited Edition eine Bonus-DVD mit Making Of. Hier erklären Mastodon jeden Song und jede Idee.
Mit Sicherheit werden die vier Amerikaner auf ihrem langen Weg seit dem sperrigen Debüt „Remission“ einige Fans verlieren. Anstatt mit möglichst viel Wut und brachialer Gewalt auszuticken, setzen Mastodon nun auf progressive, beseelte, höchst melodische Gitarrenexkurse psychedelischer Natur. Gerade damit haben sie sich und „Crack The Skye“, das als Gesamtkunstwerk schlicht und ergreifend atemberaubend ist, allerdings einen Gefallen getan. Jetzt können sie sich getrost auflösen.
Wertung: 10/10
Erhältlich ab: 27.03.2009
Erhältlich über: Reprise Records (Warner Music)
Website: www.mastodonrocks.com
Facebook: www.facebook.com/Mastodon
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