Long Distance Calling – Live At Lichtburg
(c) Wil Delissen
Die ungekrönten Meister vielsagender Sprachlosigkeit sind wieder da. Long Distance Calling zählen, bald 20 Jahre nach ihrer ersten Demo, zum Post-Rock-Inventar und erfanden sich im Laufe ihrer Karriere immer wieder neu, mit Gastsängern, einem kurzzeitigen fixen Vokalisten und willkommenen musikalischen Experimenten. Live interpretieren sie ihren Sound gerne mal frisch und ungewöhnlich, wie ihr neuester Streich zeigt. „Live At Lichtburg“, aufgenommen im historischen Stadtkino in Essen, ist das, was gemeinhin als ‚Happening‘ bezeichnen darf.
Der Fokus liegt auf zwei Alben: „Eraser“, das noch aktuelle Studiowerk, und „Avoid The Light“, das im Vorjahr 15. Geburtstag feierte. So widmen sich gleich die ersten vier Songs „Eraser“ und zeigen sich sogar noch stärker als auf Platte. Während „Blades“ Heavyness zeitweise tanzbar macht, reift „Kamilah“ endgültig zum monumentalen Epos und bringt die herausragende Laut-Leise-Dynamik der Band auf den Punkt. Das Tempo schnellt nach oben, beeindruckt mit angethrashten Passagen und sackt wieder gar nachdenklich zusammen, bis das finale Crescendo beide Welten zusammenführt. Tosender Applaus ist der verdiente wie verständliche Lohn.
„Apparition“ und „Black Paper Planes“ servieren zwei der besten „Avoid The Light“-Songs direkt hintereinander. Erstere Episode gestaltet sich schnell kraftvoll, geradezu energisch, bevor der nachdenkliche, mystisch angehauchte Mittelteil weiter und weiter wächst. Fast unbemerkt haben sich Long Distance Calling in einen Rausch gespielt und rasten schlussendlich stilvoll aus. „Black Paper Planes“ lebt hingegen von konstanter Spannung und wagt den konstanten Ausbruch. Eine kleine Überraschung ist „Immunity“, dessen elektronisch angehauchtes Understatement letztlich massiven Wänden und einem peitschenden Finale weicht. „Metulsky Curse Revisited“ ist das unkaputtbare Finale und serviert stummes Storytelling auf höchstem Niveau, auch nach all den Jahren überlebensgroß.
Exakt das ist letztlich die perfekte Überschrift für ein weiteres unfassbar großes Live-Paket, das den Vorgänger sogar noch einmal übertrifft. Das können eben nur Long Distance Calling, die mehr als offen und experimentierfreudig mit ihrem grandiosen Katalog umgehen, diesem wiederholt frische Ideen abringen und doch letztlich exakt das bieten, was man sich von der Band erwarten und erhoffen durfte. „Live At Lichtburg“ ist ein fantastisches Audio-Dokument, das mit bewegten Bildern astronomisches Niveau ansteuert. Fallen lassen und nie wieder auftauchen – das ist ganz große und unmittelbarste Kunst.
Ohne Wertung
Erhältlich ab: 05.12.2025
Erhältlich über: earMUSIC (Edel)
Facebook: www.facebook.com/longdistancecalling
Slider-Pic (c) Wil Delissen
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